Donnerstag, 30. März 2006

Lernen durch Lehren

Die (sinnvolle?) Verknüpfung der Kompetenzfelder "Lehren" und "Lernen"

Eine interessante Unterrichtsmethode, die ich im folgenden Beitrag vorstellen will, heißt "Lehren durch Lernen" und ist in den 80er Jahren von Dr. phil. Jean-Pol Martin entwickelt worden. Martin ist Fachdidaktiker für Französisch an der Universität Eichstätt und hat in den letzten zwei Jahrzehnten Langzeitstudien an mehreren Schulen durchgeführt, deren Erkenntnisse in "didaktischen Briefen" und auf Videokassetten vorliegen. Er hat ebenfalls ein Kontaktnetzwerk aufgebaut, dem mittlerweile mehrere Hundert Lehrer und Lehrerinnen in Deutschland und der Welt angehören.

Ursprünglich ist die Methode "Lernen durch Lehren" nur für den Französischunterricht von Dr. Jean-Pol Martin konzipiert worden, findet mittlerweile aber weitesgehend in allen Fächern Anwendung.

„Wenn Schüler einen Lernstoffabschnitt selbstständig erschließen und ihren Mitschülern vorstellen, wenn sie ferner prüfen, ob die Informationen wirklich angekommen sind, und wenn sie schließlich durch geeignete Übungen dafür sorgen, daß der neue Stoff verinnerlicht wird, dann entspricht dies (idealtypisch) der Methode „Lernen durch Lehren". Dr. Jean-Pol Martin

Textvorstellung_thmb
(Bildnachweis: http://www.ku-eichstaett.de/Fakultaeten/SLF/romanistik/didaktik/Forschung/ldl.de)

Die Idee der Methode

Die Kompetenzen, die die Einrichtung "Schule" vermitteln soll, übersteigen in ihrem heutigen Maß die Ansprüche von damaligen Zeiten um ein vielfaches. Schule soll nicht nur bloßes Wissen vermitteln und den Lernenden verschiedene Fertigkeiten beibringen, sondern hat auch die Pflicht die Schüler "zu selbstständigem Urteil und eigenverantwortlichem Handeln" und "zur Wahrnehmung von Rechten und Pflichten in Staat und Gesellschaft zu befähigen". Diese hohen Ansprüche an die Erziehung und Bildung junger Menschen stehen natürlich in Korrelation zu einer sich ständig verändernden Umwelt und Gesellschaft, die täglich an Komplexität zunimmt. Aus diesem Grund wird deutlich, dass bisherige und veraltete Unterrichtsmethoden überdacht und angepasst werden müssen und bereits bestehende Unterrichtsprinzipien, "wie z.B. die Grundsätze der Individualisierung, der Gemeinschaftspflege, der Entwicklungsgemäßheit, der Selbsttätigkeit, der Lebens- und Gegenwartsnähe, der Toleranz und dgl.", weiterhin einen hohen Grad an Berücksichtigung erhalten müssen. Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Sozialform des Gruppenunterrichts, welche seit einiger Zeit immer häufiger Anwendung findet. Die Methode "Lernen durch Lehren" greift diese Sozialform auf und trainiert Verhaltensweisen, "wie z.B. Helfen und Helfenlassen, gruppeninterne Arbeitsteilung, Kooperation".

Die Praxis der Methode

Der Lehrer:
Der Lehrer partitioniert den neuen Unterrichtsstoff und lässt die Präsentation innerhalb einer Unterrichtsstunde vorbereiten. Bei der Vorbereitung bietet er bei Unklarheiten oder Formulierungsschwierigkeiten seine Hilfe an. "Während der Präsentation achtet er auf das Gelingen der Kommunikation und interveniert" gegebenenfalls.

Die Schüler:
"Sie moderieren den Unterrichtsablauf" und präsentieren das Erarbeitete. Zudem achten sie darauf, dass die Arbeits- und Sozialformen abwechslungsreich gestaltet werden und für die übrigen Schüler eine motivierende Auseinandersetzung mit dem neuen Stoff möglich ist. Insgesamt sollte die Präsentation 20 Minuten dauern und keine Referatsform annehmen.

Die Vorteile der Methode "Lernen durch Lehren"

- Die Redezeit des Lehrers wird verkürzt. Dadurch kommen in manchen Fächern bis zu 80% der Äußerungen von Schülern, was einen der bedeutendsten Vorteile darstellt.
- Schwierige Thematiken werden hauptsächlich aus der Perspektive der Schüler bearbeitet und besprochen. Solche Zugänge begünstigen das Lernen.
- Da mehrere Gruppen Präsentationen vornehmen, kann ein Unterrichtsthema intensiver und weitreichender bearbeitet werden.
- Die Hemmschwelle, sich am Unterrichtsgeschehen zu beteiligen und zu reden, die bei Studenten und Schülern gleichermaßen vorhanden ist, wird deutlich herabgesetzt. Meiner Meinung nach stellt auch dieser Punkt einen entscheidenden Vorteil gegenüber bisherigen Sozialformen und Methoden dar.
- Der Lehrer kann in seiner Beobachterrolle gezielt "auf Verständnislücken der Klasse oder einzelner Schüler" eingehen und erkennt solche auch rechtzeitig.
- "Das soziale Lernen wird gefördert" und den oben erwähnten Gesellschaftsansprüchen an die Vermittlung wichtiger Kompetenzen durch die vielen verschiedenen Schülerinteraktionen entsprochen.

Die Problematik oder Nachteile

- "Oft stehen enormer Aktions- und Zeitaufwand in keinem Verhältnis zu den vermittelten Inhalten.
- Verbindliche Lehrpläne lassen kaum Spielräume zu, so dass schnell durch die erwähnte Methode Zeitdruck entstehen kann.
- Die vorausgesetzte Selbstdisziplin ist bei vielen Schülern nicht vorhanden oder erreichbar.
- Komplizierte Thematiken oder Neueinführungen von schwierigen Inhalten stoßen bei vielen Schülern auf Verständnisprobleme und sollten nicht nach dieser Methode behandelt werden.
- Älteren Lehrern fällt es in vielen Fällen schwer in den Hintergrund zu treten und eine Beobachterrolle einzunehmen.
- Die Vorbereitungen auf ein Thema sind im Vergleich zur "herkömmlichen Unterrichtspraxis" aufwendiger.

(Vgl.: http://www.ldl.de/material/aufsatz/hanel.htm)

Ich halte die Methode "Lernen durch Lehren" für einen vielversprechenden Ansatz bei der zukünftigen Erarbeitung von Unterrichtsinhalten und hoffe, dass ich selbst einmal die Gelegenheit haben werde, diese Methode auszuprobieren.

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